Die Studie des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) geht der Frage nach, ob Dürren in Zukunft dauerhaft anhalten könnten. Laut Forscherteam scheint Chile aufgrund der schon seit 15 Jahren andauernden schweren Dürre „seine unschätzbaren Wasserressourcen zu verlieren“, was nicht vorhersehbar gewesen sei.
„Klimawissenschafter:innen haben erst 2015 erkannt, dass die anhaltende Dürre in Chile wirklich ein großes Problem ist“, sagt Francesca Pellicciotti, Professorin am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). „Die Megadürre in Chile wurde in keinem Klimamodell vorhergesagt. Die bestehenden Modelle zeigten sogar absurd niedrige Wahrscheinlichkeiten für ein solch extremes Ereignis. Und doch ist es eingetreten und dauert immer noch an“.
Pellicciotti hatte sich gemeinsam mit den beiden chilenischen Geowissenschaftlern Álvaro Ayala und Eduardo Muñoz-Castro (derzeit am Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in der Schweiz tätig) mit diesem Problem befasst und auf Basis des Chile-Szenarios ein Zukunftsszenario modelliert. Die Analyse nimmt die Gletscher in den südlichen Anden in den Blick. Diese sollen zurzeit in der Lage sein, die Dauerdürre in Chile zu kompensieren.
Chile 2100 von weiterer Dürre betroffen?
In der semiariden Zentralregion Chiles spielt das Schmelzwasser aus den Anden laut Forschern eine entscheidende Rolle für die Wasserversorgung. Während früher Dürreperioden regelmäßig alle fünf bis sechs Jahre auftraten und meist ein bis zwei Jahre dauerten, erlebt das Land derzeit eine außergewöhnlich lange und intensive „Megadürre“, so die Studie. Diese Situation hatte die Forscher dazu veranlasst, die langfristigen Auswirkungen solcher Extremereignisse zu untersuchen.
Ein wissenschaftliches Team modellierte dafür die Entwicklung von 100 großen Gletschern in Zentralchile und Argentinien. Es simulierte die Wasserverfügbarkeit während einer zehnjährigen Dürre im 21. Jahrhundert, wenn die Gletscher deutlich kleiner sein sollen. Das Ergebnis der Simulation zeigt, dass die Schmelzwassermenge in den Sommermonaten dann nur noch etwa die Hälfte des heutigen Niveaus betragen könnte. Kleinere Gletscher, die in der Studie nicht berücksichtigt wurden, dürften bis dahin weitgehend verschwunden sein, was schwerwiegende Folgen für lokale Ökosysteme hätte, so die Klimaforscher weiter.
Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass gegenwärtige Klimamodelle extreme Dürren tendenziell unterschätzen. „Megadürren“ träten als besonders lange und intensive Phasen im Rahmen einer allgemeinen Erderwärmung auf und verstärkten den Verlust an Gletschermasse. Trotz wachsender Evidenz bleibe unklar, welche Mechanismen solche Ereignisse auslösen. Neue Untersuchungen legten nahe, dass extreme Dürren weltweit häufiger, heißer und ausgedehnter werden, doch eine einheitliche Definition des Begriffs „Megadürre“ existiere bislang nicht.
Zunehmend wird in der wissenschaftlichen Gemeinschaft die Sorge geäußert, dass „Megadürren“ zur neuen Normalität werden könnten. Wissenschaftler fordern daher verstärkte Anstrengungen, dieses Phänomen sowohl global als auch regional zu erforschen und politische Maßnahmen zur Anpassung und Risikovorsorge einzuleiten.
Chile als Vorbote für Europa?
In Chile schreitet laut Studienautoren die Wüstenbildung zunehmend von Norden nach Süden voran. Forschende weisen darauf hin, dass die bestehenden Wüstengebiete im Norden bereits heute einen Ausblick darauf geben könnten, wie sich die Landschaften in Zentralchile künftig entwickeln werden. Ein ähnlicher Vergleich wird für Europa gezogen: Der gegenwärtige Zustand der Gebirge im Mittelmeerraum könnte Hinweise auf die zukünftige Situation der Alpen liefern.
Vor diesem Hintergrund betont die wissenschaftliche Gemeinschaft die Dringlichkeit einer koordinierten globalen Klimapolitik. Ziel sei es, Strategien für ein nachhaltiges Wassermanagement zu entwickeln, die auch den Umgang mit künftigen Megadürren einbeziehen. Während Chile in diesem Bereich bereits Prioritäten gesetzt habe, stehe Europa noch vor der Aufgabe, gemeinsam mit Fachleuten für Wasserwirtschaft Modelle zu erarbeiten, die konkurrierende Nutzungsansprüche und Zuteilungssysteme simulieren.
Auch in Chile werden koordinierte Maßnahmen gefordert. Forscher und Forscherinnen wie Ayala und Muñoz-Castro heben hervor, dass bestehende Strategien angesichts fortschreitender klimatischer Veränderungen nicht mehr ausreichen. Künftige Wasserbewirtschaftungspläne müssten flexibel ausgestaltet sein, um auf neue Extremsituationen reagieren zu können, ohne auf den bisherigen Beitrag der Gletscher angewiesen zu sein.
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Originalpublikation:
Álvaro Ayala, Eduardo Muñoz-Castro, Daniel Farinotti, David Farías-Barahona, Pablo A. Mendoza, Shelley MacDonell, James McPhee, Ximena Vargas & Francesca Pellicciotti. 2025. Less water from glaciers during future megadroughts in the Southern Andes. Communications Earth & Environment. DOI: 10.1038/s43247-025-02845-6
https://doi.org/10.1038/s43247-025-02845-6
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Weitere Informationen:
https://ista.ac.at/de/forschung/pellicciotti-gruppe/
Forschungsgruppe „Kryosphäre und Gebirgshydrosphäre“ am ISTA
https://ista.ac.at/de/news/die-megaduerren-sind-da/
Studie: Mehrjährige extreme Dürren werden häufiger, heißer und großflächiger
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